Gedenkveranstaltung bei den Massengräbern in Backi Jarak/Jarek

Hans Supritz und Stefan Barth (Futok), der alle Reden ins Serbische übersetzte, bei der Begrüßung der Gäste.
Hans Supritz und Stefan Barth (Futok), der alle Reden ins Serbische übersetzte, bei der Begrüßung der Gäste.

Am Samstag, den 16. Mai 2015, um 11.00 Uhr fand mit rund 160 Landsleuten aus Bulkes, Futok und Jarek sowie zahlreichen Gästen eine Gedenkveranstaltung zu 70 Jahre Lager in der Nähe der Massengräber in Ba?ki Jarak/Jarek statt. Unter den Gästen war eine Delegation von Vertretern des Parlamentes der Vojvodina,  sowie Vertreter der Gemeinde Temerin, des Nationalrates der deutschen Minderheit in Serbien, der deutschen Botschaft in Belgrad, eine Abordnung der Ungarn aus Temerin und zahlreiche Vertreter der deutschen Vereine in der Vojvodina.
Die Begrüßungsworte sprach der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben in Deutschland, Hans Supritz. Er führte auch durch das Programm. Es folgten Reden der Oberbürgermeisterin der Patenstadt Kirchheim/Teck der Bulkeser, der Vertreter der deutschen Botschaft und Vertreter der Heimatortsgemeinschaften von Jarek, Bulkes (heute Magli?) und Futog.
Hans Supritz sagte in seiner Rede unter anderem:“Es ist die Pflicht der Lebenden, in diesem Falle der Überlebenden, ihren verstorbenen Angehörigen die Ehre zu erweisen. Hier in Jarek haben unsere Angehörigen, die das Lager nicht überlebten, auf dem Gottesacker die letzte Ruhe gefunden. Wer den Toten den Rücken kehrt, verliert nicht nur die Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch den Glauben und die Hoffnung auf die Zukunft“. Er ging auf die Opfer des Zweiten Weltkrieges ein und erwähnte die allen Deutschen aufgezwungene Kollektivschuld und die Bestrafung, die zu 64.000 zivilen Opfern und 7.000 Toten im Lager Jarek führte. Er erwähnte dabei auch unsere 10jährigen vergeblichen Bemühungen ein Gedenkkreuz zu errichten.
Er sagte weiter: „Mit dieser Gedenkfeier, die uns in friedlicher Absicht nach Jarek geführt hat, zeigen wir, dass wir keine Schuldigen suchen, sondern der heutige Tag uns in humanen Sinne wieder einen Schritt näher gebracht hat und wir in diesem Bewusstsein und mit Zuversicht in die Zukunft schauen können. Einen Teil dieser Zuversicht erleben wir darin, dass uns der örtliche Kulturverein in Jarek mit seiner Jugend bei der Organisation geholfen hat, und wir uns bei ihnen dafür im Namen der Donauschwaben herzlich bedanken.“
Danach sprach die Oberbürgermeisterin von Kirchheim, Frau Matt-Heidecker, die im Auftrag ihrer Stadt und dem Regierungsbezirk Stuttgart Verhandlungen über eine Partnerschaft zwischen Kirchheim und dem Ortsverband Bulkes (Magli?), Petrovac, Gložan und Kulpin führen wird.
 Für die Heimatortsgemeinschaft Jarek sprach ihr Vorsitzender, Michael Rettinger. Er sagte unter anderem: „Durch unser Gedenken wollen wir zeigen, dass durch den unseligen Zweiten Weltkrieg auf beiden Seiten Gräueltaten geschehen sind, die wir nicht vergessen dürfen und die sich nicht wiederholen dürfen. Gedenkstätten sollen zeigen, dass Kriege nur Leid, Schmerz und zerstörte Länder hinterlassen. Sie sollen Mahnmal für ein friedliches Miteinander unter den Menschen sein.“ Weiter ging er auf die lange Verhandlungsdauer über die Gedenkstätte ein, „die ein Zeichen der Versöhnung mit der Vergangenheit für die Lebenden und in dieser Erde Ruhenden sein würde.“ Er erwähnte die Zerstörung und Beseitigung des deutschen Friedhofes in Jarek und fragte, wer diesen Schritt veranlasste und warum. Schließlich sagte er: „Wir verbinden mit der heutigen Gedenkfeier den Wunsch zu einem friedvollen Miteinander der einstigen und heutigen Bewohner unseres Geburtsortes.“

Die Bulkeserin der jüngeren Generation, Sybille Hoffmann-Zeller fragte: „ Was treibt uns, die Nachkommen an, sich dieses erlebte Leid unserer Verwandtschaft ins Gedächtnis zu rufen - immer wieder - um es nie zu vergessen?“ Und sie gab die Antwort gleich mit: „Weil wir Nachkommen so viel Glück haben – keine Kriege miterleben zu müssen – nicht unserer Menschenrechte beraubt zu werden – in Wohlstand  erwachsen werden durften.“
Von 930 nach Jarek internierten Bulkesern starben 654 hier im Lager, davon 172 Kinder. Ein Kind davon war Hedi, die Cousine ihres Vaters. Sybilles Nichte trug ergreifende Ausschnitte aus Briefen vor, die Hedi in Jarek geschrieben hatte und in denen die Hoffnung keimte, bald nach Hause entlassen zu werden. Das war ihr nicht vergönnt: Hedi starb mit 15 Jahren im Lager.

Für die Heimatortsgemeinschaft Futok sprach abschließend Stefan Barth. Da er mit sieben Jahren selbst im Lager Jarek war, erzählte er über  einige Erlebnisse im Lager, über die unerfreuliche Begegnung mit der Lagerkommandantin und mit Menschen, die ihren Freitod suchten und fanden.
Die Pfarrerin der evangelisch-  methodistischen Kirche, Frau Anna Pali –Kuncar gab der  Feier einen würdigen Rahmen. An dieser Stelle, wo so viele unschuldige Menschen ihr Leben verloren haben, sagte sie, dass trotz  der  Ungerechtigkeit, Unmenschlichkeit und des Hasses, der zwischen den Menschen hier herrschte, ohne gegenseitige Vergebung kein ruhiges Weiterleben möglich sei. Sie   gab mit dem 130 Psalm“Aus der Tiefe rufe ich Herr zu dir“ und dem gemeinsamen Vaterunser der Feier einen tröstlichen Abschluss.

Schließlich legten alle anwesenden Organisationen  zahlreiche Kränze und Blumengestecke,  und die angereisten Angehörigen der Lagertoten rote Rosen an dem provisorischen Grabhügel mit den  Holzkreuzen nieder. Im Anschluss gingen die meisten Landsleute zusammen mit Ehrengästen vor Ort zum Mittagessen in das „Restaurant Troglav“.
Der Bundesverband der Donauschwaben organisierte diese Gedenkfeier mit Hilfe des  Kulturvereins Ba?ki- Jarak, der die Planung vor Ort vorbildlich und unentgeltlich durchführte.

Stefan Barth, HOG Futok, Michael Rettinger, HOG Jarek

Jareker und Mitglieder des Kulturvereins Backi- Jarak nach der Gedenkfeier am Kreuz
Jareker und Mitglieder des Kulturvereins Backi- Jarak nach der Gedenkfeier am Kreuz